Der Wut ihren Raum geben
Warum schämen wir für unsere Wut? Und wo finden wir eigentlich Raum, um schambehaftete Gefühle wie Wut oder Frustration ohne Verurteilung oder Konsequenzen loszulassen? 
Ein Portrait über das Gefühl der Wut - und ein Besuch in Wuträumen, in denen Menschen für ein Stunde Gegenstände kaputtschlagen können, in einem Studentenviertel in der schwedischen Stadt Uppsala, in dem Bewohner*innen jeden Abend um 22 Uhr aus dem Fenster schreien und beim therapeutischen Boxen, bei dem vor allem Frauen lernen, Grenzen zu spüren und zu verteidigen. 
Blick in einen Wutraum in Hattingen im Ruhrgebiet, der bereitsteht, gleich von Besucher*innen zerstört zu werden. Rund hundert Euro kostet eine Session. Die Idee stammt aus den USA und verbreitet sich aufgrund steigender Nachfrage auch in Deutschland. 
In Flogsta, einem Studentenviertel am Rand der südschwedischen Stadt Uppsala schreien jeden Tag Bewohner*innen aus dem Fenster. Jeden Abend fängt eine Person an, aus dem Fenster zu schreien, andere Bewohner*innen schließen sich an. „Flogstavrålet“ (schwedisch: Flogstaschreie) wird das dort genannt. Die Tradition besteht seit den 1980er Jahren und wurde angeblich von einem dortlebenden Studenten eingeführt. Bis heute hat sich dieser Brauch gehalten - Auch als Ventil für den persönlichen Stress und Frust. Viele internationale Studierende entscheiden heute sich bewusst aus diesem Grund, in diese Gegend zu ziehen, und genießen es, intuitiv losschreien zu dürfen - ohne dafür verurteilt zu werden.
Die Besucher*innen kommen mit unterschiedlichen Motiven in den Wutraum: Oft ist es Alltagsstress im Job, Beziehungsprobleme, eine zurückliegende Trennung, die Wut auf den eigenen Chef oder auch Trauer um einen Verlust. So mancher geht mit seinem Psychotherapeuten in einen Wutraum, um vielleicht erstmals einen Kontakt zu seiner Wut zu spüren. Andere wiederum kommen eher aus Neugier und Freude am Zerstören.
Eine Teilnehmerin beim Therapeutischen Boxen.
Eigentlich arbeitet Betreiber Dirk Jaresch in einem Unternehmen, das Aktenvernichtungsverfahren entwickelt. Durch eine Fernsehserie, die in einem amerikanischen Rage Room spielte, kam er auf die Idee, nebenbei selbst einen Wutraum zu gründen. Hier entsorgt er gerade zerstörte Gegenstände, um den Raum für die nächste Wutsession vorzubereiten.